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Offener Brief an Dieter Steger: SVP vertritt zuwenig die deutsche und ladinische Minderheit

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Sehr geehrter Herr Dr. Steger, das Mittagsmagazin von Rai Südtirol über die oben erwähnte Polemik habe ich mitverfolgt (Pro & Contra allerdings nicht, dafür wäre mir die Zeit zu schade) und ich kann Folgendes feststellen: viele Politiker/innen der SVP schicken sich seit längerem an, staatliche Richtlinien und Vorgaben zu verteidigen, anstatt die deutsche und ladinische Minderheit zu vertreten.

Das Eigenartige dabei ist, dass sie noch den Applaus aus der Bevölkerung erhalten (nun gut, Amerika hat auch einen Präsidenten gewählt, wo man sich nur wundern muss). Die Meinung der Bürger/innen ist natürlich von verschiedenen Faktoren geprägt, vor allem auch durch die Medien. Mir liegt ein friedliches Zusammenleben genau so am Herzen wie vielen Südtirolern. Zu verwundern ist es allerdings schon, wenn Vorfahren ihre Existenz, die Gesundheit und ihr Leben im Einsatz für die Bevölkerung und ihre Heimat auf das Spiel gesetzt haben und wir nun feststellen müssen, dass allmählich alles über Bord geworfen wird. Mit Schönreden vonseiten der Politik ist es nicht getan, es braucht Mut und den ernsthaften Willen, die Anliegen einer Minderheit zu verteidigen. Wenn wir uns mit den Aussagen der Politiker/innen erst dann wieder identifizieren können, sobald sie sich nach Antritt der Pension äußern, ist es zu spät. Unsere „Autonomie“ wird immer wieder als Modell gepriesen. Wenn wir uns aber umhören, habe ich den Eindruck, dass Minderheiten kaum ein so eingeschränktes Selbstbewusstsein wie die Südtiroler/innen haben. Wir tun uns mit der eigenen Identität so schwer, dass es traurig anmuten muss.

Was die eingangs erwähnte Verteidigung staatlicher Vorgaben betrifft, müssen wir uns stets die Konstellationen und Gegebenheiten in diesem Land verinnerlichen. Wir leben in einem Staat, in welchem der Umsatz von Verbrecherorganisationen ein unvorstellbares Ausmaß erreicht (und wir Südtiroler/innen werden mittlerweile auf Punkt und Beistrich kontrolliert und dies zum Teil von eigenen Landsleuten). Viele von uns Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erleben in letzter Zeit Schikanen, worüber manche Politiker entweder nicht in Kenntnis sind oder dies nicht wahrhaben wollen. Dabei bekommen gerade die Arbeitnehmer die prekäre Situation in diesem Staat zu spüren – höhere Steuern in allen Bereichen, schlechtere Dienstleistungen als in übrigen EU-Ländern, schwierigere Arbeitsbedingungen wegen wahnwitziger Vorschriften usw. (die Liste ließe sich beliebig fortsetzen). Und dann hören wir viele unserer Politiker/innen, die uns etwas anderes glauben machen wollen. Zu verwundern ist es nicht, dass eine bedenkliche Politikverdrossenheit festzustellen ist, wie ich mich in letzter Zeit konkret überzeugen konnte. Mit schönen Worten kann man vielleicht im Moment manche Wähler/innen beeindrucken, ob uns eine „duckmäuserische“ Politik aber weiterbringt, wage ich zu bezweifeln.

Mit freundlichen Grüßen

Moser Alfred Sebastian
Bachrain 8
39032 Sand in Taufers

Alfred Sebastian Moser, Archiv
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