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Gedenkrede von Sven Knoll bei Noldin-Feier

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Anlässlich der Noldin-Feier in Salurn, bei der an das Leben von Josef Noldin gedacht wird, der in der Faschistenzeit Widerstand gegen die Unterdrückung von Sprache und Kultur leistete und die Katakombenschulen aufbaute, hielt L.-Abg. Sven Knoll in diesem Jahr die Gedenkrede, die wir hier vollinhaltlich wiedergeben:

Hohe Geistlichkeit, liebe Schützenkameraden und Marketenderinnen,
Tiroler Landsleute!

Wenn wir heute hier am Grab von Josef Noldin stehen und an das Leben und Sterben dieses Mannes gedenken, so sind es wohl zwei Worte, die diesen Mann am besten beschreiben: MUT und GERADLINIGKEIT.

Josef Noldin war kein Mann, der sich einreden ließ, dass man ein Unrecht einfach hinnehmen müsse;

Josef Noldin war kein Mann, der einfach tatenlos dabei zusah, wie Sprache und Kultur in diesem Land den Bach hinuntergingen;

Josef Noldin war kein Mann, der die Auseinandersetzung scheute, wenn es um Recht und Gerechtigkeit ging.

Josef Noldin war aber ein Mann, der den Mut aufbrachte, sein Schicksal und das Schicksal des Landes selbst in die Hand zu nehmen und Widerstand zu leisteten.
Widerstand gegen einen fremden Staat, der kein Anrecht auf dieses Land hat und dessen einziges Ziel es war und noch immer ist, aus unserem südlichen Tirol, bis zum letzten Berggipfel hinauf, eine TERRA ITALIANA zu machen.

Josef Noldin ist diesen Weg mutig und geradlinig gegangen, auch wenn der Preis dafür die Verbannung und seine Gesundheit waren.
Er ist diesen Weg aber gegangen, weil er sich seiner Verantwortung bewusst war, nicht darauf zu warten, dass andere etwas tun, sondern selbst etwas für die Heimat zu tun.

Von diesem Mut und dieser Geradlinigkeit ist bei unseren Landespolitikern  heute allerdings nur mehr wenig übrig geblieben:

Was würde Josef Noldin wohl sagen, wenn er sehen könnte, dass unsere eigenen Landespolitiker sich heute für den Erhalt der faschistischen Relikte einsetzen und behaupten, dass das Siegesdenkmal ein Kulturdenkmal sei?

Was würde Josef Noldin wohl sagen, wenn er sehen könnte, dass sich unsere Landespolitiker heute mehr Gedanken über die Italienischkenntnisse unserer Schüler machen, als um die Vermittlung der deutschen und ladinischen Sprache und das Recht zum Gebrauch der Muttersprache, das tagtäglich in Süd-Tirol mit Füßen getreten wird.

Und was würde Josef Noldin wohl sagen, wenn er sehen könnte, dass diejenigen, die sich für den Erhalt von Sprache und Kultur und die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes einsetzen, von unseren eigenen Landespolitikern als Unruhestifter und Zündler abgestempelt werden?


Satte Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit.
Wohl kein anderer Ausdruck passt so gut auf diese Art von Politikern, deren Horizont nicht über die Autonomie hinausreicht, die keine Veränderung wollen, weil sie sich längst mit Italien arrangiert haben und die glauben, dass die Zukunft des Landes im Stillstand liegt.

Doch die Geschichte lässt sich nicht anhalten. Wer glaubt, dass die Geschichte Süd-Tirols mit der Autonomie endet, hat nicht nur die Ereignisse der letzten 20 Jahre in Europa verpasst, sondern offensichtlich auch jeden Bezug zur Realität verloren.

Schon längst ist eine neue Generation in unserem Land herangewachsen, die sich nicht mehr damit abfindet, immer nur das Beste aus der Situation zu machen, die sich gerade bietet;
Eine Generation, für die es nicht normal ist, dass man mit einem Militäreinsatz bedroht wird, wenn nicht bis auf den letzten Berggipfel italienische Namen angebracht werden;
Eine Generation, die sich von ungebildeten Polizeibeamten nicht mehr sagen läßt: „parla con me italiano, siamo in Italia“.
Aber vor allem, eine Generation, für die Heimatliebe und Selbstbestimmung nicht nur leere Floskeln in Vorwahlzeiten sind, sondern die selbst über ihre eigene Zukunft bestimmen und in Freiheit leben wollen.

Es sind dies Menschen wie die Schützen, die mutig und geradlinig diesen Weg gehen. Menschen, die wissen, dass die Zukunft unseres Landes davon abhängt, was wir selbst daraus machen.

Süd-Tirol steht heute an einem Wendepunkt der Geschichte.
Die kommenden Jahre werden darüber entscheiden, ob Süd-Tirol wieder ein freies Land wird und wir unsere Sprache und Kultur erhalten, oder ob Männer wie Josef Noldin umsonst gestorben sind und aus unserem schönen Süd-Tirol eine normale italienische Provinz wird.

Wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher, brauchen wir in 15 Jahren nicht mehr über eine Selbstbestimmung sprechen, weil wir sie dann rein mathematisch nicht mehr gewinnen können. Das Landesstatistikamt hat uns vorgerechnet, dass in 10 Jahren an die 75.000 Zuwanderer in Süd-Tirol leben werden. Lediglich 4% deren Kinder besuchen eine deutsche Schule. Es ist somit abzusehen, dass aus diesen Menschen spätestens in der nächsten Generation Italiener werden. Was das dann für Süd-Tirol bedeutet, brauche ich wohl niemandem zu erklären.

Wenn wir heute hier an diesem Grab stehen und an Josef Noldin gedenken, der in der Stunde größter Not alles für unser Land geopfert hat, sollten wir uns daher auch bewusst sein, dass man sich eines Tages die Frage stellen wird, was wir für dieses Land geleistet haben?

Ich möchte meine Ansprache daher mit den Worten eines anderen großen Tirolers beenden. Sepp Kerschbaumer hat einmal gesagt:

Die Fahne allein genügt nicht, es braucht Männer, die sie tragen.
Die Wahrheit allein genügt nicht, es braucht Männer, die sie sagen.
Die Freiheiten, die für uns am Himmel hängen, genügen nicht, es braucht Männer, die sie herunter holen.

Denkt daher daran, dass wir alle diese Männer sind.
Die Zukunft Süd-Tirols liegt ganz allein in unseren Händen, aber es liegt an uns, was wir daraus machen.

Es lebe Tirol!

Archiv, Sven Knoll
Vorstellung der Ortsgruppe Eppan der Süd-Tiroler Freiheit
Faschistisches Denkmal: Keine Existensberechtigung

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